Hildegunn Andersson/ Årnes 

„Pain in the back?“

„Yes, the sciatic nerve“ Ich hatte die Übersetzung zigmal gegoogelt und immer wieder vergessen.  

Lise verzog das Gesicht und sah mich etwas mitleidig an. So als wisse sie genau, wie sich das anfühlte.

„Ich kenne da jemanden“, sagte sie. „In Årnes. 20 Kilometer entfernt. (Das ist für norwegische Verhältnisse ziemlich nah)

Die kann Dir helfen. Hat mir auch geholfen.“ 

 

Und so lernte ich Hildegunn kennen. 

Hildegunn Andersson. 35. Eine Naprapat. Klingt nach einem schönen Beruf, oder? Naprapat.

Sprecht das mal laut aus, mit lockeren Lippen und ohne die Ps zu verschlucken. Dann wißt ihr, was ich meine. Klingt irgendwie ein bisschen schöner als Physiotherapeutin oder Osteopathin oder Chiroprakterin. Und ist tatsächlich eine Mischung aus allen dreien. 

Ich kam in ihre Praxis und ich wußte irgendwie gleich, daß ich richtig bin. Also nicht, weil die Praxis besonders schön oder gemütlich gewesen wäre.

Sondern weil Hildegunn so viel Zuversicht ausstrahlte. Gleich von dem Moment an, als sie die Tür aufmachte.  

Ich meine, ich hatte diese Schmerzen schon seit fast 3 Monaten. War ziemlich frustriert deswegen.

Und jetzt kam ich in diese Praxis und verspürte plötzlich so etwas wie Optimismus. Dabei hatte sie noch überhaupt nicht angefangen. 

Wir haben dann lange geredet. Unsere Kommunikation mußte sich in Englisch erstmal etwas einspielen. War dann aber kein Problem mehr. 

Über eine Stunde hat sich Hildegunn Zeit genommen.

Sie hat meine Beweglichkeit getestet, ein paar neurologische Tests gemacht, die Muskulatur gezogen und gedehnt,

auf den einen oder anderen Triggerpunkt gedrückt.Und sie hat gesagt, daß ich es ziemlich sicher mit dem 5. Lendenwirbel zu tun habe.

Vermutlich würde die Bandscheibe auf den Ischias drücken. Sciatic nerve.

Ich wollte das nicht so recht wahrhaben. Das mit der Bandscheibe. 

 

Daß sich mein Zustand ein paar Tage später drastisch verschlecherte, weil ich auf der Alpacaweide in Huser auf einen gefrorenen Erdklumpen trat

und mit dem Vorderfuß abrutschte, konnte Hildegunn leider auch nicht verhindern. Tatsache ist, als ich das nächste Mal in ihre Praxis kam,

konnte ich mich fast nicht mehr bewegen. Ich glaube, das war ein ziemlich elendiger Anblick. Ich, schmerzverzerrt und auf einen Schrubber gestützt,

den ich in der Not gegriffen hatte. Und trotzdem gab mir Hildegunn das Gefühl, ja, ist schlimm, wird aber wieder. 

Sie strahlte dabei eine ziemlich kompetente Ruhe aus.

 

Ich bin nach meinem Aufenthalt im Krankenhaus noch zweimal bei ihr gewesen. Sie hat mich mit Übungen versorgt, ein bisschen getriggert,

mich positiv bestärkt und dann wurde es ziemlich schnell besser.

Daß ich inzwischen schmerzfrei bin und mich wieder fast ganz normal bewegen kann, ist ganz sicher auch ihr Verdienst.

Sie hat mir mit ihrer Kompetenz, ihrer Besonnenheit und ihrer Zuversicht einfach sehr gut getan.