Hedda, Kabelvåg/Lofoten

Hedda ist mir gleich aufgefallen. Bei unserem ersten Besuch im Fitnessstudio war sie richtig hart und intensiv am Trainieren.

Wir sind uns dann noch zweimal begegnet, einmal davon auf der Loipe, haben uns wiedererkannt und angelächelt und kamen dann beim dritten Mal miteinander ins Gespräch. 

Wenn man die Leute nicht kennt, dichtet die Fantasie ihnen ja immer ein bestimmtes Leben an. Mit der Realität hat das dann oft gar nichts zu tun. 

Bei Hedda hatte ich auf alle Fälle auf eine „Local“ getippt, eine junge Frau, die in Kabelvåg wohnt und arbeitet. 

Hedda ist aber gar nicht aus dem Norden! 

Sie stammt vielmehr aus Oslo und kam erst im letzten Herbst hierher. 

Für ein Studium an der Nordland Kunst- und Filmhochschule, einer Art Außenstelle der Tromsø Arctic University of Norway. Hier in Kabelvåg will sie ihren Bachelor in Bewegtbild machen. Ein Studiengang, der Film und Bildende Kunst vereint, und der einzige seiner Art in Norwegen ist. Im Übrigen auch der einzige, den man hier studieren kann. 

Deshalb musste Hedda notgedrungen Oslo, den Süden, ihre Freunde und ihre Familie verlassen. Eigentlich sei sie ausgebildete Lehrerin, habe auch bereits schon in der Schule gearbeitet, aber immer davon geträumt, etwas anderes, etwas Kreatives zu machen. Ihre Freunde hätten ihr Mut zugesprochen: „You can do it!“ 

Und jetzt sei sie hier, in einer völlig neuen Welt. Nicht nur, was den Ort und das Klima anginge.

Alleine, nicht im Team zu arbeiten und etwas für sich selbst zu tun, das sei völlig ungewohnt für sie.

Aber es sei die richtige Entscheidung gewesen, sagt sie und strahlt. Sie schätze den kreativen, offenen und liberalen „Geist“ der Hochschule.

„Here, people think and act in a different way.“ Und sie ist froh, dazu zugehören. 

 

Wir begleiten sie zur Filmkunstskolen. Gerade mal 23 junge Leute studieren hier.

Der Zusammenhalt sei gut, müsse auch gut sein, denn hier in Kabelvåg gäbe es ja nicht viel und man sei aufeinander angewiesen. 

Hedda führt uns durch’s Gebäude, zeigt uns die Werkstatt, das Tonstudio, ihren eigenen Arbeitsplatz und die Küche mit dem schönen hellen Aufenthaltsraum. Hier treffen wir auf Jack aus England, Hannah aus Schweden und Abel Shanke aus Oslo - Kommilitonen von Hedda. Mit ihnen kommen wir ins Gespräch.

Alle vier sind sie froh, hier in Norwegen leben zu können. Norwegen biete einen hohen Lebensstandard und soziale Sicherheit.

„The welfare state takes good care of us and the government is does a good job. We trust them.“

An unserer Reaktion merken sie, wie sehr uns solche Worte erstaunen, vor allem aus dem Munde junger Leute.

Aber dass man in Norwegen ein anderes Verhältnis zur politischen Führung hat, ist uns nicht ganz neu.

Dann sprechen wir noch über das Studentendasein im winzigen Kabelvåg. Alle sind sie eher aus der Großstadt und so ein kleiner Ort, das sei schon gewöhnungsbedürftig, da gäbe es einfach nicht so viele Möglichkeiten, vor allem, was Kontakte anging.

Während wir plaudern, machen sich die drei gerade eine riesige Portion Popcorn, mit der sie anschließend im Kinosaal verschwinden werden.

Popcorn essen und Film anschauen, das ist hier Teil der Ausbildung! Irgendwie beneidenswert!

 

Für Hedda war der Anfang an der Filmschule eine große Herausforderung, das hören wir deutlich heraus.

Sie hatte auch mächtig Manschetten vor der dunklen Zeit, dachte, sie würde den langen Winter nicht überstehen. Hat sie aber, gut sogar!

Und darüber scheint sie glücklich zu sein, vielleicht auch ein bisschen stolz.

Sie habe die Dunkelheit akzeptiert, auch als eine Zeit, in der man zur Ruhe kommt und  „drinnen“ ist, bei sich, nicht nur räumlich. 

Jetzt freue sie sich aber auf die Rückkehr des Lichts und auf den Frühling, vor allem auf die Mitternachtssonne und dann natürlich auf den Sommer.

Da ginge sie für ein paar Wochen zurück in den Süden zu ihrer Ma und ihren Freunden, denn die würde sie hier am meisten vermissen.