Hans Bondal, Sollia/Rondane
„Lass uns noch ein bisschen spazieren gehen. Hinterm Haus geht ein Weg hoch. Ich habe das schon recherchiert. Typisch Thea
Der Weg führt uns direkt auf die Alm, auf der wir mit den Kindern 2014 waren. Weißt Du noch? Da war doch dieses Konzert - in dem Stall.
Sind nur 3,5 Kilometer“
Es war der Tag nach unserer Ankunft in Rondane.
So einen Vorschlag kann man praktisch nicht ablehnen. Schon der Erinnerungen zuliebe nicht.
Also sind wir dann hinterm Haus hoch und dem Pfad gefolgt.
Mischwald. Viel Birke, auch Fichte, ein paar Kiefern. Auf dem Boden Rentierflechte. Herrlich skandinavisch.
Irgendwie hatte ich die Hoffnung, noch ein paar Pilze zu finden. Fehlanzeige - schon lange vorbei.
Dafür lag im Gras neben dem Pfad eine blaue Kreditkarte. Mitten im Wald. Grad so, als hätte sie jemand da hingelegt.
Der Name stand drauf und die Telefonnummer der Bank. Ich rief an.
Ich möge die Karte doch bitte zerschneiden, wenn ich nach Hause komme. Die Frau am anderen Ende der Leitung. Oder sie bei der Polizei abgeben.
„Das nächste Revier ist aber 50 Kilometer entfernt…“
„Dann zerschneiden.“
„Aber sie können doch den Besitzer der Karte anrufen…“
„Zerschneiden! „
Ich bedankte mich und legte auf.
Während ich mit Thea „angeregt“ über Sinn und Unsinn von Datenschutz diskutierte, kam uns von oben ein Mann entgegen.
Er blieb stehen, sah zu uns runter und schmunzelte. Ich wußte sofort, wer das war.
„Bist Du Hans?“, fragte ich. Er nickt mit dem Kopf. Wir haben Deine Kreditkarte gefunden.“
Und so lernten wir Hans Bondal kennen.
Wir gingen mit ihm das letzte Stück hoch zu der Alm, auf der wir 2014 mit unseren Kindern waren.
Der Zufall war jetzt so richtig in Fahrt.
Natürlich ist die Alm, auf der wir mit unseren Kindern damals Waffeln gegessen haben, seine Alm. Dort grasen seine Ziegen im Sommer.
„Kannst Du Dich auch an das Konzert damals erinnern, Hans? Im Stall?“
„2014?"
Er mußte kurz überlegen.
„Eli Storebekken! Die hat damals zusammen mit meiner Frau gesungen.“
Und so wie er das sagte, schien er ziemlich stolz zu sein. Seine Frau und die norwegische Folkikone!
Eines der Lieder, das Eli Storebekken 2014 auf der Alm gesungen hat, findet ihr übrigens in der Minna Playlist.
Und wenn wir gerade beim Zufall sind.
Unten im Tal ist Hans unser Nachbar. Wir schauen praktisch direkt auf sein Wohnhaus.
4 Wochen nach der Begegnung auf der Alm haben wir Hans Bondal im Ziegenstall besucht.
Morgens um 8. Er hat sich ziemlich gefreut. Seine 60 Ziegen glaube ich auch. Hübsche Tiere.
Ziegen, sagt Hans, seien wie Menschen. Mal so und mal so. Manchmal liebevoll, manchmal bockig und bissig.
2 mal am Tag müssen sie gemolken werden, morgens und abends. Die Milch geht an die Großmolkerei Tine und in den Käseladen die Straße runter.
Ob ihm das immer noch Spaß macht? Mal so und mal so, sagt Hans. Es sei halt sehr viel Arbeit.
Reich wird man mit Ziegen wohl auch nicht wirklich, Unterstützung vom norwegischen Staat gibt es kaum.
Die Ziegen von Hans und seiner Frau Ellen-Marie haben übrigens keine Namen.
Bis auf eine. Ingrid-Alexandra.
„Und das kam so…“
An dieser Stelle holte Hans ein wenig aus.
2011 kamen der norwegische Kronprinz Haakon und seine Frau Mette-Marit zum Almauftrieb.
(Die Alm, auf der wir 2014 waren).
Ein riesen Tross, der da den Berg hochmarschierte. Presse, Bodyguards, die Einheimischen und alle Ziegen. Eine war wohl besonders forsch.
Lief die ganze Strecke vorneweg. Sie fühlte sich irgendwie verantwortlich.
„Und...“
Hans macht eine dramaturgische Pause, mußte lachen.
„Hat den Royals einfach vor die Füße gekackt.“
Er hat diese Ziege Mette-Marit genannt. In Erinnerung an diesen denkwürdigen Tag vor 11 Jahren.
Mette-Marit lebt nicht mehr. Also die Ziege. Aber die Tochter dieser Ziege. Und die haben sie Ingrid-Alexandra genannt. So wie die Tochter der norwegischen Kronprinzessin.
Ziege Ingrid-Alexandra sieht übrigens besonders keck aus. Ihre Hörner überkreuzen sich.
Sie hat irgendwie etwas eigenes. Vermutlich von der Mutter geerbt.