Arne Sundli, Eidsvoll
War es sein Blick, sein Lachen, sein sofortiges Interesse an uns, sein Humor?
Er machte die Tür auf und war uns auf Anhieb sehr sympathisch.
Irgendetwas sprang da spontan über.
Arne: Ingrids Vater, Lises Ex-Mann.
Wir waren gekommen, um bei ihm das große Festzelt für den Weihnachtsmarkt abzuholen.
Ingrid führt uns ins Gartenhäuschen: „Das haben ihm seine Schüler gebaut, ein Geschenk“
Arne ist pensionierter Lehrer.
Vor einer Woche wurde er am Knie operiert, hat ein neues Gelenk bekommen und läuft auf Krücken… eigentlich.
„350 Kronen! Den Rest zahlt mir der Staat, auch das Taxi, schicker Tesla, das mich nach Hause gebracht hat.“ Arne lacht zufrieden und ist zuversichtlich.
„Ich bin das reinste Ersatzteillager. Hab auch schon eine neue Hüfte links und nach dem Knie lasse ich auch noch die rechte Hüfte machen.“
Während wir das Zelt aus dem Gartenhäuschen Stück für Stück in den Anhänger verfrachten,
hin und her laufend, folgt uns Arne auf Krücken, hin und her humpelnd.
Es interessiert ihn, was wir machen und er will wissen, ob wir auch schon hinter die Fassade des schönen Norwegens geschaut hätten. Oho!
In Huser bauen wir dann unter seiner Regie das Zelt auf.
Er ist zufrieden und lobt uns.
Eigentlich hatte ihm Ingrid einen Stuhl geholt.
Aber anstatt sich zu setzen, legt er die Krücken zur Seite und packt mit an.
Ingrid gibt uns augenzwinkernd zu verstehen, wie sehr er das genießt, hier dabei zu sein.
Nach der Mittagspause ist Arne dann plötzlich weg.
Offenbar war es ihm dann doch zu viel geworden. Ingrid musste ihn nach Hause fahren.
Wir nehmen uns vor, ihn vor unserer Abreise noch einmal zu besuchen.
Eine Woche später stehen wir abermals vor seiner Tür. Arne öffnet.
Wir sehen ihm an, wie sehr er sich freut und wir freuen uns auch.
Wir verbringen wunderbare zweieinhalb Stunden miteinander in seiner gemütlichen Sitzecke seines Wohnzimmers, reden über Norwegen,
auch über das Norwegen hinter der Fassade.
Tauschen unsere Erfahrungen als Reisende mit seinen als "Local".
Er korrigiert unsere Aussprache, wenn wir norwegische Eigennamen sprachlich zu sehr entstellen.
Da spürt man den Lehrer!
Plötzlich legt er ein Fotoalbum auf den Tisch, zeigt uns Bilder von seinen Bergtouren
100 Gipfel über 2000 m will er in seinem Leben besteigen, 99 (!) hat er schon.
Den letzten schafft er auch noch. Wenn das Knie wieder funktioniert. Vielleicht irgendwann im Sommer.
Arne erzählt uns von seinen deutschen Freunden aus Frankfurt, die er regelmäßig besucht,
von seiner „Liebsten“, mit der er nunmehr schon 21 Jahre zusammen ist, ohne mit ihr zusammenzuwohnen - das sei auch gut so -
und wir hören von seinen Projekten:
Er schreibt Theaterstücke, die meisten mit geschichtlichem Hintergrund.
Für sein nächstes Stück hat er erstmals professionelle Schauspieler engagiert. Darauf ist er stolz.
Außerdem will er ganz in der Nähe ein Gräberfeld aus der Bronzezeit für die Öffentlichkeit zugänglich machen.
Er findet, dass es wichtig ist, dass die Leute mitbekommen, was früher hier in dieser Gegend einmal war.
Die eigene Geschichte sei ja ein Stück Identität. Die Unterstützung der Gemeinde habe er schon.
Wir hatten vergessen zu fragen. Aber vermutlich war Arne wohl Geschichtslehrer.
Irgendwann machen wir Anstalten aufzubrechen.
Aber er möchte uns noch nicht gehen lassen.
So setzen wir uns wieder hin und er hilft uns, für unser geplantes Røroswochenende im Internet eine Stellplatzmöglichkeit zu finden.
Richtig nett!
Ach ja! Und was Arnes große Festzelt angeht.
Das flog in der Nacht nach dem Christmas Market bei Sturm einmal über den Hof - das große Plastikfenster zerrissen, 4 Stangen total verbogen.
Er wollte es nicht zurückhaben. Bloß nicht!