Abschied von Rondane

EIGENTLICH wären wir gerne noch geblieben. 

EIGENTLICH hätten wir auch noch bleiben können. 

EIGENTLICH  wollten sie, dass wir noch bleiben. 

Wir sind trotzdem gefahren, haben Rondane verlassen, 

uns auf den Weg nach Süden gemacht, 

einen neuen Job in der Nähe von Oslo angenommen. 

Eine reine Kopfentscheidung!

 

Jetzt sind wir hier, fremdeln ein bisschen. 

Die Gedanken wollen noch zu sehr zurück, haken sich fest an Erlebtem. 

Das innere Auge projiziert in Endlosschleife Bilder von Gesehenem. 

Das Gemüt spürt Empfundenem nach. 

Schon 2014 fiel es schwer, von hier fortzugehen und über all die Jahre hinweg blieb Rondane als eine Art Paradies in meiner Erinnerung. 

Daran hat sich nichts geändert. 

Landschaft und Natur haben nichts von ihrer Faszination verloren - im Gegenteil. 

Die Farben, die Stimmungen - je nach Wetter und Licht, 

die imposanten Gipfel des Berge im Nationalpark, 

die Weite und Kargheit des Fjells, die Schönheit der Täler, 

die alten Höfe, die sich an die Berghänge schmiegen oder entlang des Flusses verstreut sind,

 

Es ist, als hätten wir das alles dieses Mal noch intensiver und bewusster wahrgenommen.  

Vielleicht, weil wir älter geworden sind. 

Vielleicht, weil in der Zwischenzeit viel passiert ist, sich die Welt in den letzten Jahren so verändert hat.

Vielleicht, weil unberührte Landschaft und Natur einen noch höheren Stellenwert haben. 

Vielleicht aber auch, weil wir den Menschen, die hier oben leben, ein bisschen näher gekommen sind. 

Wir haben Einblick in ihren Alltag erhalten, sind mit ihnen ins Gespräch gekommen,

haben erfahren, was sie beschäftigt, besorgt, berührt oder aber auch begeistert. 

Mag sein, dass diese Begegnungen eine andere Tiefe geschaffen, uns noch mehr mit der Region verbunden haben.

So kommt es mir zumindest vor. 

 

Rondane, das war aber noch mehr als das: 

Das war vor allem die Riverlodge, unser Arbeitsplatz, 

die morgendliche Fahrt dahin, in der ausgekühlten Minna

der Geruch nach Holzfeuer im Gastraum, 

der nach gutem Essen in der Küche, 

die Sauna, die wir regelmäßig nutzen durften 

und das anschließende Bad im eiskalten Fluss, 

die Fahrt durch die Dunkelheit zurück nach Soltun

die Gemütlichkeit unseres kleinen Apartments, 

der morgendliche Blick aus dem Fenster auf die Berge gegenüber 

u. die Lust auf den neuen Tag.

… 

Und dann waren da noch die beiden Familien, die die Riverlodge betreiben, bzw. betrieben haben. 

Als wir Anfang Oktober in Enden ankamen, ahnten wir nicht, dass nicht mehr alles „passte“ und die Trennung bevorstand. 

Davon erzählten sie uns nach drei Tagen.  

Das „Zwischen-den-Stühlen-sitzen“ blieb uns erspart. 

Benjamin und seine Familie fuhren in Urlaub, während Bart und Ellen den Umzug an die schwedische Grenze vorbereiteten.

Sie waren bereits fort, als die anderen aus Namibia zurückkamen. Ein klarer Cut!

So waren wir zunächst mit Barts, dann mit Benjamins Familie in der Lodge.

Wir haben uns mit beiden wohlgefühlt, mochten sie und hoffen sehr, alle eines Tages wiederzusehen. 

 

Jetzt sind wir schon mehr als eine Woche hier im Süden. 

Alles ist anders: 

Sanfte Hügel statt hoher Berge, Fichten statt Kiefern, große Ackerflächen statt steiler Bergweiden, Anbindung statt Abgeschiedenheit, Komfort statt Einfachheit …

Man spürt die Nähe der Stadt, der Metropole Oslo

 

EIGENTLICH trauern wir sehr Rondane hinterher. 

Aber EIGENTLICH wissen wir, dass es gut ist, auch dies hier zu erleben, 

eine neue und andere Facette Norwegens kennenzulernen. 

Eine reine Kopfentscheidung eben! 

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