Mandelmann

Sie hatten das Podest extra für die Dreharbeiten aufgebaut, ein bisschen in den kleinen Teich hineinragend, zwischen Schilf und anderen Wasserpflanzen, ganz aus hellem, massivem Holz. Sofie erklärt uns, das sei eine Art Tanzboden, so etwas gäbe es oft in Schweden, "a place where you can meet, danse and have a good time". Um den Teich herum Bäume, Sträucher, Blumen- und Gemüsebeete. Ein schöner Anblick, eine sehr romantische Szenerie.

Eine bessere Kulisse hätten sie nicht wählen können. 

Hier soll sie also spielen, die Szene: Ein letzter Sommerabend in Mandelmanns Gård. Passt!

Aaron, der Sohn des Hauses, ist schon da, zupft lässig an seinem Kontrabass, entlockt ihm sanfte Töne, die über's Wasser dahin schweben. Auch das passt! 

Am Klavier fehlt nur noch der Pianist, am Mikrofon die Sängerin. Beide kommen jetzt, mit dem Rest des Filmteams. Es kann losgehen. Varsågoda!

 

Sofie und Rikard hatten uns gebeten auszuhelfen und mitzuspielen in "Mandelmanns Gård", einer Dokusoap über das Leben und Wirken der Familie Mandelmann. Es hieß, es fehlten noch Statisten, um das besagte Podest zu füllen, die Gruppe der Gäste zu vervollständigen.

Natürlich haben wir zugesagt. 

 

Mandelmann, das ist die Familie von Rikards Schwester Marie. Ihnen gehört ein ökologischer Selbstversorgerhof, ein riesiges, traumhaftes Anwesen, herrlich gelegen in den Hügeln vor der Küste, ein richtiger Vorzeigefamilienbetrieb. Hier wird nicht nur gegärtnert und geerntet, sondern auch gekocht, gebacken, bewirtet und verkauft. Bücher gibt es hier auch, sogar eines auf Deutsch. Im Laufe der Jahre hat sich der Ort zu einem öffentlichen Schaugarten entwickelt und ist über die Grenzen Schonens hinaus immer bekannter geworden.

2017 wurde das Fernsehen auf diese Idylle aufmerksam. 

 

Bei diesem Dreh also das Thema: Abschied vom Sommer - ein letzter schöner, warmer Abend am Teich.

Die Sängerin hat eine schöne klare Stimme. Ihr "Summertime" bildet zusammen mit dem Kontrabass und dem Klavier den musikalischen Hintergrund.

Gustav und Marie betreten die Szene, nach einem langen Arbeitstag schlendern sie mit Körben unter dem Arm durch den Obstgarten.

Ihre Silhouetten im warmen abendlichen Gegenlicht! Sie treffen auf die kleine Musikergruppe, die wie zufällig schon am Teich wartet.

Herzliche Begrüßung, herzliche Umarmung, ein paar nette Worte... fast wie im richtigen Leben.  

Jetzt sind die Statisten an der Reihe! Varsågoda!  Wir betreten das Podest: Herzliche Begrüßung, herzliche Umarmung, ein paar nette Worte. 

Marie hat in ihrem Korb gefaltete Seerosen aus Wachspapier, darin je ein Teelicht. Das wird angezündet und ein jeder setzt nun seine Laterne vorsichtig auf's Wasser, lässt sie davon treiben und schickt einen stillen Wunsch hinterher: "Make a wish" ... so lautete die Regieanweisung. 

Das sieht in der Tat wunderschön aus: Der kleine Teich, die leuchtenden Seerosen in der einsetzenden Dämmerung. Passt!

Ein bisschen müssen wir dann noch herumstehen, mit allen andern den Tanzboden füllen und verträumt dem "Summertime" lauschen, das jetzt zum sechsten Mal angestimmt wird. Lisa, die Regisseurin ist noch nicht wirklich zufrieden...Dann werden wir entlassen. 

 

So sind wir - Thea und Christof  aus Deutschland - Teil dieser heilen Mandelmannschen Welt geworden, die sich die Schweden sonntäglich zur Primetime in ihr Wohnzimmer holen! Wir haben das gerne gemacht; so tun als ob. Es war interessant und etwas Neues. Und wir waren ja nur Statisten.

 

Für die Protagonisten hat sich in den letzten Jahren allerdings viel verändert. Seit der Entdeckung durch das Fernsehen ist die Büchse der Pandora offen: 

Seitdem wird das Anwesen von Besucherströmen heimgesucht, seitdem mussten ein großer Parkplatz angelegt, Grenzen gezogen und Zäune gesetzt werden, seitdem hängen überall Gebots- und Verbotsschilder, seitdem kann die Familie nicht mehr vor die Türe treten, ohne angesprochen und verfolgt zu werden.

Daß Marie (die Frau mit den zwei Körben in der Hand) auch noch in der schwedischen Ausgabe  von Let's Dance mitgewirkt hat, macht die Sache nicht unbedingt besser. Es passt nicht mehr alles so ganz in der Mandelmann'schen Idylle. 

Aber von all dem spürt der Zuschauer zuhause vor dem Fernseher freilich nichts.

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Kommentare: 1
  • #1

    Ewald und Moni (Samstag, 20 August 2022 20:47)

    Genau dieser Bericht (es ist leider der erste von euch den wir anklicken), doch er ist so wunderbar wie erwartet von Christof und Thea und von den Menschen, Länder die sie treffen oder bereisen. Wir freuen uns dabei zu sein!
    Weiter so!